GrundsatzerklärungCreative Commons wehrt sich gegen Abmahnung als Geschäftsmodell

Auch wer Inhalte unter offenen Lizenzen wie Creative Commons verwendet, kann für Lizenzverletzungen kostenpflichtig abgemahnt werden. Manche haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Creative Commons tritt dieser „Perversion ihrer Gründungsideale“ jetzt mit einer Grundsatzerklärung entgegen.

Collage von Creative Commons Logos
Dieses Bild stand unter einer älteren Creative-Commons-Lizenz, die anfälliger für kostenpflichtige Abmahnungen sind. (Ausschnitt: Leonhard Dobusch) CC-BY-SA 2.0 qthomasbower

Die Kernidee von Creative Commons ist das Teilen, Verwenden und – je nach Lizenzmodul – Verändern von Text-, Bild-, Audio- und Videoinhalten so einfach und rechtssicher wie möglich zu gestalten. An die Nutzung von Creative-Commons-lizenzierten Inhalten werden deshalb nur wenige Bedingungen geknüpft wie die Nennung des Urhebers bzw. der Urheberin, der Lizenz sowie deren Verlinkung. Im Falle der Bearbeitung eines Inhalts ist auch diese Bearbeitung als solche auszuweisen.

Trotz dieser relativ niedrigen formalen Anforderungen werden sie von vielen, vor allem privaten Nutzer:innen von Creative-Commons-lizenzierten Inhalten, nicht vollständig korrekt erfüllt. Es kann also vorkommen, dass Menschen zwar eigentlich berechtigt wären, ein Foto oder einen Videoschnipsel auf ihrem Blog oder in einem YouTube-Video zu verwenden, allerdings nicht alle notwendigen Angaben machen (z.B. die Lizenz nicht nennen). Eine solche Verletzung der Lizenzbedingungen macht diese unwirksam und die betroffenen Nutzer:innen begehen eine Urheberrechtsverletzung, die genauso abgemahnt werden kann wie eine unerlaubte Nutzung eines herkömmlich lizenzierten Fotos oder Videos.

Abmahnung von Creative Commons als Geschäftsmodell

Übersicht über die Verbindungen der Cider Connection
Firmen- und Beziehungsgeflecht der Cider Connection. Zum Vergrößern auf das Bild klicken. (Stand Juni 2016) - CC-BY-SA 2.0

Während in den allermeisten Fällen fehlerhaft referenzierte Creative-Commons-Inhalte folgenlos bleiben, gab es in den letzten Jahren immer wieder auch Beispiele, wo Rechteinhaber darin eine Chance zur Geschäftemacherei sahen. In Deutschland hat Markus Reuter bei netzpolitik.org beispielsweise die Machenschaften der Cider Connection aufgedeckt. Zwei Fotografen hatten ihre Fotos unter Creative-Commons-Lizenzen über diverse Plattformen zugänglich gemacht und in der Folge gemeinsam mit einer Kieler Anwaltskanzlei im mehr oder weniger großen Stil Nutzer:innen für fehlerhafte Referenzierung bei der Verwendung der Bilder abgemahnt (siehe auch einen ersten Bericht bei irights.info). Die Cider Connection ist leider kein Einzelfall, auch für die USA hat Daxton Stewart in einem Forschungsaufsatz mit dem Titel „The Rise of the Copyleft Trolls“ gezielte Abmahnung bei Verletzung offener Lizenzen nachgezeichnet.

Auch wenn Vorgehensweisen wie jene der Cider Connection in vielen Fällen vom herrschenden Urheberrecht gedeckt sein mögen (wenn auch nicht der Höhe nach), so widersprechen sie dennoch dem Geist von Creative Commons. Im Gegenteil, die gezielte Abmahnung vergleichsweise geringfügiger Lizenzverletzungen aus kommerziellem Interesse fällt in den Bereich schlechtgläubiger Nutzung der von Creative Commons bereitgestellten Lizenzen.

„Perversion der Gründungsideale von Creative Commons“

Im Hauptquartier von Creative Commons in San Francisco Mountain View versucht man schon länger auf solche Formen schlechtgläubiger Lizenzdurchsetzung zu reagieren. Auf der Webseite von Creative Commons heißt es zum Thema „Lizenzdurchsetzung als Geschäftsmodell“, dass dieses „eine Perversion der Gründungsideale von Creative Commons [ist], mit denen drakonische Urheberrechtsgesetze und -strafen abgemildert werden sollten.“ In den aktuellsten Creative-Commons-Lizenzen mit Versionsnummer 4.0 ist außerdem eine Klausel enthalten, dass Lizenzverletzungen folgenlos bleiben, wenn sie binnen 30 Tagen nach Kenntnis korrigiert werden.

Im Vorfeld des anstehenden CC Global Summit wurde nun ein Entwurf für eine „Grundsatzerklärung zur Lizenzdurchsetzung“ veröffentlicht und zur Kommentierung eingeladen. Der erste Absatz macht die Stoßrichtung klar (meine Übersetzung):

Creative-Commons-Lizenzen sind Urheberrechtslizenzen, die gesetzlich durchsetzbar sind. Die Durchsetzung der Lizenzen sollte jedoch sicherstellen, dass Urheber:innen fair behandelt werden, und nicht dazu dienen, wohlmeinende Weiternutzer:innen, die bereit wären, Fehler zu korrigieren, in eine Falle zu locken, Wenn Nutzer:innen Angst haben, Creative-Commons-lizenziertes Material zu verwenden, weil die Kosten für Fehler ungerechtfertigt hoch sind, werden die Ziele von Creative Commons nicht erreicht.

Konkret enthält die Erklärung drei Punkte: Erstens soll Lizenzdurchsetzung primär dazu dienen, die Einhaltung der Lizenzbedingungen sicherzustellen. Zweitens sollte das Beschreiten des Rechtswegs, also zum Beispiel in Form einer kostenpflichtigen Abmahnung, die absolute Ausnahme und nicht die Regel sein. Drittens sollte jegliche finanzielle Entschädigung für eine Lizenzverletzung in einem angemessenen Verhältnis zum tatsächlich entstandenen Schaden sein und keinesfalls als Geschäftsmodell dienen.

Die Erklärung richtet sich unter anderem an Plattformen, die große Bestände von Creative-Commons-lizenzierten Inhalten hosten. Sie sollen in ihren Nutzungsbedingungen eine Lizenzdurchsetzung im Geiste der Grundsatzerklärung einfordern. Bis zum 20. September ist es noch möglich, den Entwurf der Grundsatzerklärung zu kommentieren. Wer jedoch auf Nummer sicher gehen möchte, nicht für fehlerhafte Referenzierung von Creative-Commons-Inhalten kostenpflichtig abgemahnt zu werden, der sollte vor allem Inhalte unter der aktuellsten Lizenzversion 4.0 verwenden. 

 

2 Ergänzungen

  1. Bei versehentlichen Lizenzverletzungen durch Privatleute stimme ich da 100% zu. Aber es gibt leider auch Unternehmen die die CC-Lizenzbedingungen systematisch verletzen um damit Gewinn zu machen. Da wünscht man sich als CC-Anhänger irgendwie doch „schärfere Waffen“ …

    Aber das OLG Köln hat ja leider schon mehrfach geurteilt, dass aus „konservativer“ Weltsicht etwas das umsonst ist auch keinen Wert hat.
    („Der „objektive Wert“ der Nutzung eines unter einer Creative-Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts (hier Lichtbild) ist mit Null anzusetzen“; OLG Köln, 29.06.2016 – 6 W 72/16; siehe https://medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=2782)

  2. Mittlerweile gehen viele dieser Personen ohnehin dazu über, die von ihnen ungeliebten CC-Lizenzen durch selbst „gebaute“ Lizenzmodelle zu ersetzen. Spätestens seit der Einführung der 4.0-Lizenzen mit Heilungsmöglichkeiten funktioniert das Modell ja auch nicht mehr.

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